Liebe Pfarrgemeinde!
Liebe Leserinnen und Leser!
Sehnsuchtsvoll gefaltete Hände, die betend und bittend zum Himmel geöffnet sind – ist das nicht ein Sinnbild für unsere Welt? Menschen, die von Krieg geplagt, vom Hunger gequält oder auf der Flucht vom Ertrinken bedroht sind, strecken sich aus nach einem rettenden Anker und einer helfenden Hand. Wie viele Menschen, die in Not sind und Sorgen haben, kennen wir auch aus unserem persönlichen Umfeld in der Familie, im Freundeskreis, im Berufsalltag?
Das Fastentuch von Prof. Gerhard Winkler greift diese Sehnsucht nach Befreiung und Heilung, die Menschen heute und alle Zeiten in ihrem Herzen tragen, in eindrucksvoller Weise auf. Es bringt sehr markant und zeitlos aktuell zum Ausdruck, was auch im Zentrum der Botschaft des Neuen Testamentes steht: Gott ist nicht Mensch geworden, gestorben und auferstanden, um das Leid aus der Welt zu schaffen. Vielmehr ist er gekommen, um unsere leeren Hände mit seiner Gegenwart und seiner befreienden, heilsamen Liebe zu erfüllen. Am Kreuz wird der Hilferuf des Menschen zum Hilferuf Gottes. Unsere Wunden werden zu seinen Wunden. Dieses Vertrauen ist letztlich der Ursprung aller christlichen Hoffnung. Sie schöpft ihre Kraft aus der Erfahrung der Auferstehung: Der Tod und das Leid haben nicht das letzte Wort. Das Leben siegt.
Ich freue mich, dass die Pfarre Lauterach die schöne Tradition des Fastentuches weiterträgt. Und ich danke in besonderer Weise Prof. Winkler, dass er durch seine künstlerischen Impulse für viele Menschen die Dimension des Glaubens offenhält und neu zugänglich macht. Von Herzen wünsche ich daher, dass alle, die während der vierzigtägigen österlichen Bußzeit das Fastentuch betrachten, das Geheimnis von Ostern tiefer erahnen mögen und, durch diese Erfahrung gestärkt, ihre Hände zum Gebet falten und anderen zur Hilfe reichen.
Bischof Benno Elbs
Das vom Fastentuch präsentierte Motiv steht für das Gebet - das mit und zu Gott Sprechen -. Dabei ist das Umfeld für jemanden, der betet, in unseren Tagen oft sehr herausfordernd, manchmal sogar belastend und verunsichernd, aber auch Freude und Zuversicht weckend.
Das Gebet als Bitte, als Flehen – der dargestellte Rettungsring deutet diese Ambition zum Gebet an.
Ebenso existiert das Gebet als Ausdruck der Dankbarkeit, der Zuversicht und der Freude.
Das Innehalten im Gebet deutet Lebens- und Erlebensumstände an, zeichnet die innere Lage eines Menschen, eine Lebensphase, eine Lebenszäsur oder Lebensübergänge.
Jesus selbst hat seine Jünger und damit uns zu beten gelehrt. Viele Große in der Kirchengeschichte haben sich mit dem Sprechen mit Gott intensiv befasst, aber vor allem auch die Bibel selbst setzt sich mit dem Gebet auseinander und das entscheidend: So heißt es im Römerbrief: „Der Geist nimmt sich unserer Schwachheit an. Denn wir wissen nicht, was wir in rechter Weise beten sollen. Der Geist selber tritt für uns ein mit unaussprechlichen Seufzern. Der die Herzen erforscht, weiß, was die Absicht des Geistes ist. Denn er tritt so, wie Gott es will, für uns ein“. (Röm 8,26f)
Hermann Glettler, Diözesanbischof von Innsbruck, sieht im Beten eine Möglichkeit der Dankbarkeit, wenn er meint:“ Wir leben in einer Zeit der vorprogrammierten Enttäuschungen, weil wir den Ansprüchen nach einem perfekten Leben nie genügen können.“ Er sieht etwa in einem täglichen Dankgebet ein wirksames Heilmittel, um der unstillbaren Gier nach Immer-mehr entgegenzuwirken und eine tiefe Wertschätzung vor dem Geschenk der Schöpfung zu bekunden. „Dankbarkeit ist der Königsweg zu Gott. Die Not ist lediglich der Fluchtweg, der durch Gerümpel auch verstellt sein könnte.“ Bischof Glettler spricht davon, auch selbst um eine ausreichende Zeit für das Gebet kämpfen zu müssen. „Alles andere scheint immer dringlicher zu sein.“
Natürlich sind wir Menschen als Gläubige auch verpflichtet, uns den Notwendigkeiten der Welt zu stellen; vielleicht gelingt uns mit gutem Willen der Ausgleich zwischen Alltag, Berufsleben und der inneren Sammlung im Sprechen mit Gott. (Johannes Hammerle)